Die Galerie der Kunstgießerei Flierl zeigt vom 15. Juli bis zum 2. September 2016 Skulpturen, Bronzen und Foto-Grafik der Berliner Künstler Heidrun Feistner und Jean Molitor. Mit dem Sujet der Engel der Geschichte werden ikonographische und philosophische Traditionen aufgenommen und fortgesetzt, die in einer zunehmend als eindimensional empfundenen Welt Räume zu öffnen und zu bevölkern vermögen.
Ihre Engel sind in Atlantis geboren, Boten (angeli) aus Atlantis. Platon zeichnete den Zeitgenossen das Szenario des Untergangs einer frühen und dekadenten Hochkultur als Bild eines drohenden Strafgerichts. Diese Kunde würde fortan das Erinnern an die Möglichkeit einer anderen als der vorgefundenen Welt wie einen Homunculus umschließen. Utopie, so eingebettet, als ein schon immer gescheiterter Gegenentwurf, sagen die Künstler, würde formuliert werden können, diese Engel finden nur Orte, die wir ihnen geben, die Künste seien schon immer ein Gastland gewesen. Mit Atlantis als dem nicht mehr vorhandenen Herkunftsland weisen sie auf den Ursprung der Geschichte Europas und seiner Kunst.
Die Arbeit mit dem Stein habe für sie immer auch eine archäologische Seite. Und auch nach der Kunst müsse gegraben werden, sagt die Künstlerin. Der Beliebigkeit und Austauschbarkeit postmoderner Form-/Inhaltsrelationen setzt sie die Entwicklung eigener Formensprachen entgegen, führt sie konsequent aus.
In dieser Ausstellung werden vor allem jene Engel gezeigt, die in ihrer Reduzierung und Ausdrucksstärke in der Tradition expressionistischer Arbeiten stehen. „Der Expressionist“ für Georg Heym, „Im Wind“ und „Nein“ für Walter Benjamin seien erwähnt. „Die Nasenspitze gehört der Kunst“ behauptet ein Stein. Neben ihren Skulpturen erreichen die nach ihnen gefertigten Bronzen eine ganz eigene abstraktere und sinnliche Qualität. Die Präsentation in der Gießerei Flierl ermöglicht hier den Vergleich.
Wie auch schon für die parallel laufende Ausstellung „Atlantis“ am Potsdamer Platz entstanden in enger Zusammenarbeit mit dem Fotografen und Fotokünstler Jean Molitor auch für diese Ausstellung zwei Drucke auf Aluminium, die ersten einer geplanten Serie. Ihr Titel „Vita umbrae“, zugleich der Titel der ersten Grafik, erschließt mit dem integrierten Textbezug eine weitere Dimension für die gemeinsame Arbeit.
Dieses großformatige Triptychon arbeitet mit der komplementär gestimmten Farbmetaphorik Georg Heyms, der „Expressionist“ formiert sich im Schatten, im durchscheinenden Blau einer erinnerten, einer geistigen Existenz, gewinnt Härte und Monumentalität, konfrontiert mit dem Stein. Ganz anders die zweite Arbeit zu Shelley‘s „Lift not the painted veil“. Hier nimmt die grafische Arbeit in einem beinahe musikalischen Sinne das Thema, welches der Stein vorgibt, auf, führt es aus.
Fotos: Jean Molitor